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R.I.P. Prince – Nachruf mit drei persönlichen Prince Momenten

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Prince

Grüne Burg, Pfullendorf ca. 1982

Die “Grüne Burg” war der angesagteste Club zwischen Bodensee und Filderstadt. In dem ehemaligen Tanzlokal aus den Fünfzigern konnten vergnügungshungrige junge Menschen zur Musik der frühen 80er tanzen: Soft Cell, Heaven 17,Talking Head, DAF und den schicken New Yorker ZE-Produktionen von Kid Creole & Co. Der DJ selbst stand am verlängerten Ende der Theke, so dass man sich einfach zu ihm setzen und ihn auch mal den ganzen Abend zulabern konnte. Und an einem dieser Abende zieht eben DJ Mine das Cover von “Dirty Mind” aus seinem Stapel. Prince diese coole Sau in im Tanga-Slip, Nietenjacket und im Gesicht ein Schnauzbartgemüse, das jedem Bratwurst-Dorfrocker zur Ehren gestande hätte. Das alles war komplett verboten, sah nach billigem 70er Jahre Disco-Produktionen aus, kam im Wertekanon, der von Punk sozialisierten Jungs überhaupt nicht vor, ausser als skuriler Trash aus der Second Hand Grabbelkiste. Nachdem  sich die Nadel wieder von der Dirty Mind Platte erhob, war Prince Geheimtipp und und unser Underground Gegenentwurf zu Michael Jackson. Derselbe DJ zog übrigens kurz darauf eine Import-Maxi aus New von einer Disco-Sängerin namens Madonna aus seinem Stapel. War früher vielleicht doch alles besser?

Prince Platten von 1984 -1988

Prince-purple-RainPrince war der letzte Konsens Pop-Star, seine Platten standen neben den musikalischen Leberwurstbrotproduktionen der Dire Straits ebenso wie in der Nachbarschaft von Black Flag oder Leather Nun Alben. „1999“ zog DJ Mine noch als Einzelhit aus seinem Plattenstapel. Purple Rain war schon omnipräsent in Discos und Radio. Around the Word in one Day schmiegte sich an die Paisley Bands wie Rain Parade oder Dream Syndicate und war (zumindest mein) Soundtrack bei der Hausbesetzung in meiner Heimatstadt. Die folgenden Platten, bis 1988, allen voran natürlich “Sign o’ the Times” allesamt voller Hits und Forschungsobjekte in Sachen Funk, Soul, Jazz, Rock und  Austarierung zeitgenössischer 80er Jahre Studiotechnik. Madonna blieb immer eine Singlehit-Künsterlin und vor allem Patenthalterin in Selbstoptimierung. Michael Jackson verfügte zwar über ein Mördertalent, schielte aber immer auf Charterfolge und die damit verbundene Anerkennung seiner geschundenen Seele. Ihm fehlte der Mut seine Musik um ihre selbst willen weiter zu entwickeln. Prince Platten bis Lovesexy haben nicht nur eine Schubkarre voller Hits abgeworfen sondern sind immer mal großartige, mal eigenbrötlerische Visonen von Pop. Und so begleitete Prince mich und den kompletten Rest der Baby-Boomer Generation in den 80ern durch Zivildienst, Studium, Ausbildung, Hausbesetzungen, Kurz und Mittelfristbeziehungsdramen und den ganzen Scheiss, den man so macht um nicht erwachsen werden zu müssen.

4. Juni 1987, Schleyerhalle Stuttgart

“Sign o’ the Times” eine besten Platten der 80er war gerade veröffentlicht worden. Der nur auf Typografie basierende Clip zu dem Aids/Gesellschafts-Statement des Titeltracks war Talk of the Town und der größte Popstar der Zeit gab sich im Schwabenländle die Ehre. Ich fuhr mit einem Auto voller BWL-Studenten, die Prince neben Tina Turner im Plattenregal einsortiert hatten in die Schleyerhalle. Ich war es als Besucher von ausschließlich Clubkonzerten nun überhaupt nicht gewohnt auf dem Rang zu sitzen und mir Konzerte aus 100m Entferung anzuschauen.  Deshalb schloss ich mich einem Grüppchen von GIs (wahrscheinlich Marines) an, die fachgerecht Innenraum stürmten. Der Gig hatte was von einer lauten Geburtstagsfeier in einem Swingerclub für Hochbegabte. “Sign o’ the Times” als Opener, der Funk-Polterer “Housequacke”, “1999” und natürlich Purple Rain.  Eine grandiose Inszenierung, die ich auch nach 29 Jahren nicht vergessen habe. Vor dem kleinen Mann mit der purpurnen Gitarre ein riesiger Ventilator hinter ihm öffnet sich ein Herz, darauf liegt Wendy (oder Lisa) – auf jeden Fall große Operette mit einer Romantik-Kitsch-Kopulation in Purpur. Vielleicht war alles auch ganz anders, aber es bleibt mein großer Prince-Moment. 

Deshalb ruhe in Frieden – Prince und Grüße mir den Bowie und den Lemmy

P.S. Liebes Jahr 2016, ich habe jetzt ja verstanden, dass es kein gutes Jahr für die großen Legenden der letzten Jahrzehnte sein soll. Aber jetzt lass mal gut sein. Oder müssen wir uns jetzt um Bob Dylan und Paul McCartney wirklich Sorgen machen?

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