Im März 1982 katapultierte die Pickelpostille Bravo, Extrabreit mit einer Titelstory direkt in die Herzen der deutschen Teenagergeneration. Zu dem Zeitpunkt stand ihre Single „Hurra, hurra die Schule brennt“ in den deutschen Top Ten, die seit 8 Wochen von Spider Murphys Gangs Gruselhit „Skandal im Sperrbezirk“ blockiert wurde. Die Extrabreit LPs „Welch ein Land! Was für Männer“ und „Ihre größten Erfolge“ konnten sich bis dato ebenfalls in den Top 10 platzieren. Und das in einer Zeit vor Spotify, als eine solche Platzierung Verkaufszahlen um die 500.000 Stück nach sich zog. Extrabreit hatte sich mit einer Mischung aus NDW-Zackigkeit und breitbeinigem Rock in irgendwo zwischen Underground Bands wie Fehlfarben und Abwärts und den NDW-Gimpeln Markus oder Nena platziert.
Half aber alles nichts, als die NDW Blase Ende der 1982 platzte wurde die Band aus Hagen genau wie alle anderen von der Laune der Musikgeschichte in den Orkus gespült. Es folgte eine mäßig besuchte Tournee 1983, die sie auch in unsere schöne Heimat führte und der Versuch es mit englischsprachen Alben nochmal zu probieren. Die wollte aber Mitte der 80er auch keiner mehr hören, zumindest nicht von Extrabreit.
Aber zum Glück touren die „phantastischen Fünf“ seit 2002 wieder zusammen und zum Glück gibt es das rührige und engagierte Villinger Innenhoffestival (Szenenapplaus) und vor allem den weltgrößten Extrabreitfan Deutschlands Tom Münch (Szenenapplaus). Mich eingeschlossen dürften die meisten Zuschauer wg. der Charthits gekommen sein, ein paar wg. ihrer Dauerabos, ein paar weil sie den Franziskaner nicht gefunden haben und mindestens einer weil er der bekanntermaßen der weltgrößte Fan der Band ist.
Die Band ging ab dem ersten Stück voll auf die Zwölf. Volldampf-Powerrock mit Kai Havaiis hysterisch pumpender Trademark Rockstimme. Bei den Tracks ging mir so durch den Kopf, dass bei allem was heute vielleicht ein bißchen peinlich oder verstaubt wirken mag, Bands wie Extrabreit immer den Mut hatten Satire, Gesellschaftskritik, Clownerein und Revoluzzereattüden zusammen zu würfeln. Den Seitenhieb auf Annenmaykantereit lass ich jetzt mal stecken. Mit viel Spielfreunde und der Bühnenerfahrung von fast 40 Jahren bretterten Extrabreit durch ihr Repertoire. Polizisten verpassten sie einen extralangen Dub-Mix. Und natüüüüürlich wurden „Flieger…“, „Hurra, Hurra, Hurra die Schule brennt“ und „Für dich soll eine Roten Rosen regnen“ ebenfalls in Extended-Version mit Mitklatsch- und Mitsingmodus präsentiert. Irgendwann machte es click und die Meute aus all den Steuerberatern, SAP-Consultants und Realschullehrern mit einem Durchschnittsalter von 43,8 Jahren verwandelte sich in der samtig lauen Nacht im Villinger Innenhof in extatische Oberschüler beim „Neuen Deutschen Welle Schwof“ in der Disco Lollipop anno 1982.
Und das ist gut so – denn Piloten ist nichts verboten.
Ein Danke für die Fotos geht an Zdenko Merkt
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